Feuerschwanz/Fransenlipper
Ein Gastbeitrag von Amaising rattlesnake.
Fransenlipper der Gattung Epalzeorhynchos – Von wegen aggressiv!
Viele haben oder hatten bereits einen Feuerschwanz oder einen Grünen Fransenlipper in ihrem Aquarium.
Meist wird von aggressiven Fischen berichtet, die das ganze Becken terrorisieren, ja sogar Fische durch ihre Jagden in den Erschöpfungstod treiben und sich mit ihren Artgenossen nicht vertragen.
Doch sind Fransenlipper wirklich so “böse”, wie Literatur, Zoohändler und Einzeltier-Halter berichten?
Wie sollte die Haltung der eleganten Karpfenfische aussehen?
Die beiden am häufigsten im Handel anzutreffenden Fransenlipper-Arten sind der Feuerschwanz-Fransenlipper (Epalzeorhynchos bicolor) und der Grüne Fransenlipper (Epalzeorhynchos frenatus).
Der Grüne Fransenlipper ist nur schwach hochrückig gebaut und besitzt rote Flossen, wobei die Afterflosse schwarz eingefärbt ist.
Seinen zweiten Namen – Zügelfransenlipper – trägt die Art wegen der schwarzen Binden von Auge zu Maulspitze, welche entfernt an Zügel erinnern.
Zudem trägt die Art einen dunklen Schwanzwurzelfleck.
Die Körpergrundfarbe ist grau, i.d.R. ist dies recht dunkel.
Im Handel ist die Albinoform häufig zu finden.
Der Feuerschwanz ist hochrückiger gebaut und besitzt lediglich eine rote Schwanzflosse.
Die Brustflossen sind transparent und besitzen schwarze Flossenstrahlen, die restlichen Flossen sind genauso schwarz wie der Körper der Tiere.
Als Jungtiere sind sie grau gefärbt und der schwarze Punkt im Schulterbereich fällt besonders auf. Zudem haben sie als jüngere Tiere noch weiße Flossenspitzen an Rücken- und Bauchflossen.
In seltenen Fällen trifft man auch einmal auf die Schönflossenbarbe (Epalzeorhynchos kalopterus), welche man eher als Rüsselbarbe, denn als Fransenlipper ansehen würde und welche dann auch oft als Rüsselbarbe verkauft wird.
In der Tat ähnelt die Art auf den ersten Blick gestreiften Rüsselbarben-Arten wie Crossocheilus oblongus.
Die Art hat jedoch das kantigere Maul der Fransenlipper und besitzt Farbe in der Rückenflosse.
Zudem haben die Tiere einen recht flächig dunkler gefärbten Rücken und zwischen der schwarzen Längsbinde und dem dunklen Rücken ein orange leuchtendes Band. Dieses zeigt die Art allerdings nicht immer.
Zudem kann die Art ohne Strömung im freien Wasser ohne Anstrengung schwimmen, wohingegen Crossocheilus wesentlich schneller absinken bzw. paddeln müssen, um oben zu bleiben.
Die Literatur gibt für alle 3 Arten eine Endgröße zwischen 8 und 15cm an.
Dies ist jedoch als falsch einzustufen.
Schönflossenbarben und Feuerschwänze erreichen regelmäßig 20cm und letzterer sogar mehr.
25cm sind durchaus möglich.
Der Grüne Fransenlipper bleibt noch am ehesten 15cm, kann aber auch eine Größe von knapp 20cm erreichen.
Die Tiere bewohnen Fließgewässer und weiden ständig den Aufwuchs auf Felsen und Totholz ab.
Entgegen manchen Angaben fressen Fransenlipper allerdings keine Algen.
Dafür ist ihr weiches, zartes Maul kaum ausgelegt.
Vielmehr haben sie es auf die Kleinstorganismen in den Algen abgesehen, welche sie herauskämmen oder direkt vom Substrat abschaben.
Auch Detritus wird dabei aufgenommen und nach Fressbarem durchsucht.
Beim Durchkämmen von Algenpolstern wird auch ein gewisser Teil Algen gefressen, dies aber sicherlich mehr nebenher und zufällig als geplant.
Hat man einmal Fransenlipper und Rüsselbarben an seiner Haut “arbeiten” lassen, merkt man, dass Rüsselbarben viel mehr Kraft im Maul besitzen und dass ein Fransenlipper mit seinen “weichen Lippen” für Algen kaum eine Gefahr darstellt.
Haltung:
Fransenlipper-Haltung ist kein Hexenwerk, doch der Normalaquarianer stößt bei einem entscheidenden Punkt in den meisten Fällen an seine Grenzen und wird das Thema “Fransenlipper-Haltung” aus seiner Planung streichen müssen.
Gemeint ist die Beckengröße, denn die ist bei Epalzeorhynchos-Arten nicht gerade zu unterschätzen.
Die schwimmfreudigen, großen Tiere sind platzbedürftig und so sind die für kleineren Grünen Fransenlipper Aquarien mit ca. 200x80cm Grundfläche als Mindestmaß anzusehen und für die größer werdenden Feuerschwänze und Schönflossenbarben sollte man für die dauerhafte Haltung ca. 250x100cm einplanen.
Ein wirklich großer Grüner Fransenlipper mit knappen 20cm sollte dann eventuell auch in einem etwas größeren Becken untergebracht werden.
Die Einrichtung sollte zum einen sehr strukturiert sein und viele Verstecke bieten, zum anderen aber auch viel freien Schwimmraum lassen.
Den Tieren sollte ein Flussbiotop mit Steinen und/oder Holz geboten werden.
Es bietet sich an, die Rückwand mit viel Holz zu bestücken, worin sich die Tiere zurückziehen können und mit Steinen und Holz den Schwimmraum zu strukturieren.
Es kann mit Pflanzen gearbeitet werden, man sollte jedoch den freien Schwimmraum nicht zu sehr einengen.
Strömung sollte in keinem Fransenlipper-Becken fehlen.
Eine separate Strömungspumpe ist für die großen Tiere Pflicht und sollte eine Durchflussmenge von mindestens ca. 8.000 bis 10.000l/h haben.
Die Strömung eines Außenfilters ist dagegen nur ein lauer Wind und reicht keineswegs aus.
Wie in jedem Strömungsbecken sollte auch hier auf strömungsarme Bereiche geachtet werden, welche sich aber i.d.R. von allein ergeben.
Die Wasserwerte spielen keine allzugroße Rolle, jedoch sollte man allzu hartes und alkalisches Wasser vermeiden.
Weiches bis mittelhartes, neutrales bis schwach saures Wasser ist ideal.
Äußerst wichtig ist die ein regelmäßiger Teilwasserwechsel, welcher wöchentlich zu ca. 50% durchgeführt werden sollte.
Die Temperatur sollte im Jahresverlauf zwischen 20 und 26°C schwanken.
Im Winter sind kurzzeitig auch 18°C möglich und im Sommer darf es zeitweise auch mal 28°C warm sein.
Achtet auf einen steten, jahreszeitlichen Temperaturverlauf.
Im Winter also um die 20°C, im Sommer um die 26°C.
Nachts darf die Temperatur um 1 bis 3°C sinken, dies ist natürlich und stärkt das Immunsystem.
In den warmen Perioden ist besonders auf den Sauerstoffgehalt zu achten.
Steckt man einen Luftschlauch unten durch den Schutzkorb der Strömungspumpe und lässt mittels Membranpumpe Luft in diese hineinsprudeln, zerstäubt das Schaufelrad der Pumpe den Sauerstoff und sorgt für eine extrem gute Sauerstoffsättigung.
Man kann die Membranpumpe auch mit einer Zeitschaltuhr hinzuschalten.
Dies kann immer geschehen, nicht nur während der warmen Jahreszeit.
Vergesst das Rückschlagventil nicht, sollte die Membranpumpe unterhalb des Wasserspiegels liegen!
Ernährung
Dass Fransenlipper keine wirklichen Algenfresser sind, wurde ja bereits erläutert.
Zu ihrer natürlichen Nahrung gehören neben Detritus und Mikroorganismen vor allem Kleinkrebse, Würmer sowie Insektenlarven.
Diverse Frostfutter-Sorten garantieren also eine optimale Versorgung. So sind Schwarze und Weiße Mückenlarven, Artemia, Cyclops und Daphnien ideale Futtersorten.
Zu groß und sperrig darf das Futter nicht sein, sonst schaffen es die Tiere nicht.
Lieber mit feinem Futter in größeren Mengen füttern.
Selbst große Fransenlipper fressen Cyclops!
Auch Mysis und kleingehacktes Muschelfleisch kann man ausreichend großen Tieren füttern.
Von getreidehaltigen Trockenfutterpräparaten möchte ich auch hier wieder abraten, da insbesondere Karpfenartige zu Verfettung neigen und Getreide nunmal genau dies fördert.
Eine ergänzende Gabe von Trockenfutter 1 bis 2mal die Woche kann man tätigen, von einer häufigeren Fütterung möchte ich aber abraten.
Einzelgänger oder Gruppenfisch?
Gleich erstmal vorweg, ohne großes Drumherum: Gruppenfisch!
Der Mythos des bösen, aggressiven, revierbildenden und einzelgängerischen Fransenlippers, der das ganze Aquarium terrorisiert und alle Beckeninsassen nach Strich und Faden vermöbelt ist scheinbar nur schwer aus den Köpfen der Leute zu bekommen.
Wie sollte es auch anders sein, geben Literatur und “Fachhändler” doch immernoch und immerwieder genau das wieder.
Leider ist dies eine absolut veraltete Angabe, die aus Unwissenheit oder Ignoranz weitergegeben wird.
Fakt ist, dass Fransenlipper in ausreichend großen Aquarien und in größeren Gruppen alles andere als aggressiv sind – weder zu Artgenossen, noch zu artfremden Fischen!
Das Phänomen ist nicht unbekannt.
Die bekannte Sumatrabarbe ist ein weiterer Fall, der einen schlechten Ruf dank falscher Haltung hat.
Auch sie zeigt in zu kleinen Aquarien und zu kleinen Gruppen nicht selten ein aggressives Verhalten und zupft anderen Fischen an den Flossen. Auch jagen sich die Tiere oft durchs Becken.
Auch Prachtbarben reagieren so.
All diese Fische sind sozial in größeren Gruppen lebende Tiere, welche extrem viel mit ihren Artgenossen interagieren.
Da wird gebalzt, imponiert, gekämpft, gejagd usw.
Hält man nur 1, 2 oder 3 solcher Tiere, baut sich Langeweile und Frust auf. Die Tiere sind geistig wie körperlich komplett unterfordert und lassen überschüssige Energie anderweitig raus.
Und gerade Einzeltiere beginnen nicht selten damit, territoriales Verhalten an den Tag zu legen.
Man kann es als psychische Störung ansehen, ein geradezu zwanghaftes Verhalten, welches nicht nur für die anderen Insassen des Beckens eine Menge Stress bedeutet, sondern für den Fisch selber auch, denn permanent auf einem solchen Aggressionsniveau zu leben ist alles andere als normal für das Tier und stellt eine starke psychische wie körperliche Belastung dar.
Glücklicherweise ist es bei diesen Tieren mit der Änderung der Haltungsbedingungen i.d.R. problemlos möglich, die Tiere aus diesem Verhalten rauszuholen.
Exemplare – egal, ob Fransenlipper oder Sumatrabarbe – welche als Einzelkämpfer Beckeninsassen gar getötet haben, werden in einer größeren Gruppe und in größeren Becken innerhalb kurzer Zeit wieder normal und zeigen arttypisches Verhalten.
Eine ausreichend große Gruppe ist bei Fransenlippern mindestens 6 Tiere stark, noch besser sind aber mehr.
In solchen Gruppen kann man Dinge beobachten, welche sich die Verfechter der Meinung “Fransenlipper = böse!” niemals zu Träumen wagen würden.
Teilweise “putzen” sich manche Exemplare untereinander sehr intensiv.
Dabei nimmt ein (ranghöheres) Tier eine leicht schräge Haltung ein und lässt sich am gesamten Körper von einem Artgenossen abweiden.
Oftmals liegen auch Tiere gemeinsam ruhend am Boden, nicht selten mit Körperkontakt.
Auch Kontaktschwimmen konnte ich bereits beobachten.
Aggressionen treten natürlich auch im Fransenlipper-Verbund auf, jedoch sind diese nicht stärker als bei anderen Gruppenfischen auch und beschränken sich meist auf kurze Drohgebärden.
Der Mythos des aggressiven Fransenlippers muss endlich aus den Köpfen der Leute verschwinden, um den Tieren unnötiges Leid zu ersparen, denn man kann die Einzelhaltung solcher Tiere durchaus als Tierquälerei bezeichnen, wenn die Tiere dieses unnatürliche Verhalten zeigen, für das der Halter verantwortlich ist.
Im übrigen zeigt sich nicht jeder Fransenlipper dem Augenschein nach aggressiv.
Viele behaupten, ihr Fransenlipper wäre trotz Einzelhaltung friedlich.
Ob man diesen Berichten allzu viel Glauben schenken kann, vermag ich nicht zu sagen.
Jedoch sollten auch diese Tiere in Gruppenhaltung kommen, da es dennoch Gruppenfische sind.
Vergesellschaftung
Richtig gehaltene, ausgeglichene Fransenlipper sind problemlos vergesellschaftbar.
Aufgrund der Lebensraumansprüche eignen sich für die Vergesellschaftung Barben und Schmerlen besonders gut.
Beachtet man Strömungsvorlieben und Temperatur, kann man natürlich auch Fische anderer Kontinente dazugesellen.
Besonders erwähnt seien hier die kaum beachteten Regenbogenfische und Blauaugen.
Kauft keine Fransenlipper!
Fransenlipper gehören zu den Problemfischen, von denen ständig Tiere ein neues Zuhause suchen, da sie für den “Normalaquarianer” nicht geeignet sind.
Manche entscheiden sich nach vorhergegangener Aufklärung – ob nun persönlich oder durch Berichte wie diesen hier – für die Abgabe ihres Fransenlippers.
Andere wollen das Tier nur loswerden, weil sie nichtmehr damit klarkommen.
Fakt ist, dass es mehr Fransenlipper von privat zu vermitteln gibt als derzeit aufgenommen werden können, da Halter und Aquarien fehlen.
Wer bis zum letzten Absatz gelesen, seine Möglichkeiten überprüft und sich nun dafür entschieden hat, diese wunderschönen Tiere zu pflegen, dem möchte ich dringend ans Herz legen, solche Tiere nur von privat aufzunehmen und den Handel nicht zu unterstützen.
So schön es ist, kleinsten Jungtieren beim Wachstum zuzusehen, so sollte jeder, der die Möglichkeit hat, diese Tiere zu halten, die Chance nutzen und zu vermittelnden Tieren helfen.
Die Gruppe “Fransenlipper & Co. – Die Chaos-Fraktion” auf Facebook hilft gern bei der Vermittlung größer werdender, platzbedürftiger Fische wie größeren Prachtschmerlen-Arten, Rüsselbarben oder eben Fransenlippern.
Danke für diesen Artikel. (Im Kommentar: graue Schrift auf schwarzen Grund ist Mist.) Also ich hatte zunächst nur einen Feuerschwanz (wegen Literatur). Erst im 250l dann 370l Becken (150*50*50). Ist im Frühjahr im Alter von 14 verstorben, nachdem ich Becken neu eingerichtet habe. War bis dahin friedlich, schon zutraulich. und duldete die letzten ca. 5 Jahre eine Mauschmerle meiner Gruppe in seiner Höhle. Nach der Lektüre Ihres Artikels habe ich mich nun im Frühjahr entschlossen, 4 neue Junge FEuerschwänze zu erwerben. (2 verschiedene Zoohandlungen je 2) Diese haben sich gut eingelebt, wachsen, scheuchen sich manchmal, haben Ihre Reviere abgesteckt und eine erkennbare Rangordnung.Zur Fütterung sind sie alle vier friedlich am Fressplatz. Es lagen auch schon zwei nebeneinander kurz in einer kleineren Höhle. Nach dem bisherigen Erfahrungen würde ich nun immer die Gruppenhaltung vorziehen. Im Gesellschaftsbecken sind noch eine größere Gruppe Eilandbarben, Fünfgürtelbarben, Bitterlingsbarben, und größere BösemannsRegenbogenfische. Die drei Horasschmerlen (Mausschmerlen) sind leider auch verstorben (wurden 12 Jahre alt, alle kuzz nacheinander).
MfG A. Eppner / Thüringen
Hallo,
das mit der Schrift überprüfe ich gleich mal und versuche es abzuändern, danke für den Hinweis.
Toll das der Artikel helfen konnte, ich werde den Dank an den Autor weiter leiten, da es ja ein Gastbeitrag auf meiner Seite ist.
Viel Spaß noch weiterhin mit den Tieren !
Liebe Grüße, Verena